1. Was ist eine Konkurrentenklage?
Nach Art. 33 Grundgesetz (GG) muss jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt bekommen. Man spricht vom Prinzip der „Bestenauslese“. Es werden also alle vorhandenen und geeigneten Bewerber miteinander verglichen und entschieden, wer sich aufgrund seiner Qualifikation am besten für die Stelle eignet.
Wird gegen dieses oder ein damit verwandtes Prinzip verstoßen, können abgelehnte Bewerber per Konkurrentenklage gegen die bevorstehende Besetzung der Stelle vorgehen. Die Konkurrentenklage hat zum Ziel, dass die Stelle nicht an den zunächst erfolgreichen Bewerber vergeben wird und der Kläger erneut die Chance erhält, berücksichtigt zu werden. Man spricht daher auch von „Konkurrentenverdrängung“.
2. Inhalt und Voraussetzungen der Konkurrentenklage
Zur Verdrängung des erfolgreichen Konkurrenten stehen den übrigen Bewerbern zwei prozessuale Instrumente zur Verfügung. Sie sollten
- Klage gegen den Dienstherrn erheben und dadurch ein fehlerfreies Auswahlverfahren erzwingen. Mit einer neuerlichen Beurteilung der Bewerbung können unterlegene Bewerber ihre Chancen auf die Stelle erhöhen.
- Zugleich vorläufigen Rechtsschutz beim Gericht beantragen. Das o.g. Klageverfahren ist meist sehr langwierig. Wenn eine Ernennung kurz bevorsteht, ist allerdings schnelles Handeln die erste Prämisse. Der vorläufige Rechtsschutz bietet deshalb die Möglichkeit, die Rechte der Bewerber bis zum Abschluss des eigentlichen Klageverfahrens zu schützen. Eine Ernennung wird dann „aufgeschoben“ und die Situation „eingefroren“, bis ein Urteil im Klageverfahren gefällt und geklärt wurde, ob das Auswahlverfahren fehlerhaft war.
Bevor Bewerber eine Konkurrentenklage bei Gericht erheben können, müssen sie zunächst folgende Schritte getätigt haben:
- Grundlage für die Konkurrentenklage ist ein fehlerhaftes Auswahlverfahren, das sie in ihren Rechten aus Art. 33 GG verletzt. Dies müssen sie beweisen.
- Zudem darf der Mitbewerber noch nicht ernannt worden sein (s.u.).
- Sie müssen Widerspruch gegen die Entscheidung des Dienstherrn erhoben haben. Dieses sog. Vorverfahren muss erfolglos geblieben sein (sonst hätte der unterlegene Bewerber ja bereits sein Ziel erreicht und eine Klage wäre unnötig). Auf den Widerspruch hin prüft der Dienstherr (nicht das Gericht!) nochmals die Verhältnis- und Rechtmäßigkeit des Bewerbungsverfahrens.
3. Warum müssen unterlegene Bewerber sich beeilen?
Ist der erfolgreiche Konkurrent einmal auf der Stelle ernannt, gibt es kaum noch ein Zurück (s.u.). Der Grundsatz der Ämterstabilität sieht vor, dass die Ernennung in aller Regel nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Die Stelle ist also besetzt und kann auch nach einem fehlerhaften Verfahren nicht mehr freigeräumt werden.
Deshalb ist es von größter Bedeutung, dass unterlegene Bewerber so schnell wie möglich gegen das unfaire Bewerbungsverfahren vorgehen: Zusammen mit ihrem Anwalt sollten sie zügig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen, über den noch vor der rechtskräftigen Ernennung des Konkurrenten vom Gericht entschieden wird. Hat das Gericht ebenfalls Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bewerbungsverfahrens, ordnet es die Aussetzung der Ernennung an. Der eigentlich für die Stelle Vorgesehene darf dann erst nach Abschluss des ausführlichen Gerichtsverfahrens ernannt werden.
Nach der Ernennung des Konkurrenten haben unterlegene Bewerber weniger gute Chancen auf eine erfolgreiche Konkurrentenklage.
Man spricht hier von Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn. Dieser muss die übrigen Bewerber früh genug über die bevorstehende Ernennung ihres Konkurrenten informieren und dann eine gewisse Zeit (in der Regel mindestens zwei Wochen) abwarten, damit diese gegebenenfalls rechtliche Maßnahmen treffen können.
Verstößt der Dienstherr gegen die Pflichten, können unterlegene Bewerber gegen die Ernennung des Konkurrenten mittels Anfechtungsklage vorgehen. Auf diese Weise wird die Entscheidung in Frage gestellt und die Ernennung kann für die Zukunft aufgehoben werden. Die Frist beträgt wie bei der eigentlichen Konkurrentenklage einen Monat ab Ernennung des Beamten.
4. Gründe für eine erfolgreiche Konkurrentenklage
Zahlreiche Fehler des Dienstherrn während des Auswahlverfahrens können dazu führen, dass Bewerber in ihren Rechten aus Art. 33 GG verletzt sind. Dann kann eine Konkurrentenklage Erfolg haben.
Kläger müssen darlegen, dass bei einem rechtmäßigen Auswahlverfahren ein anderes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre. Hierzu sollten sie sich folgende Fragen stellen:
- Hat der Dienstherr alle in Frage kommenden Bewerber berücksichtigt?
- Ist der Dienstherr von einem falschen Sachverhalt bei seiner Bewertung ausgegangen oder hat er die Eignung bzw. Befähigung des Bewerbers verkannt? Dies ist etwa der Fall, wenn einzelne Qualifikationen im Verfahren nicht berücksichtigt wurden oder es z.B. zu Verwechslungen kam.
- Hat der Dienstherr andere sachfremde Erwägungen in den Beurteilungsprozess mit einbezogen, die für die Vergabe der Stelle keine Rolle spielen dürften? Beispiele sind die politische Anschauung, Religion oder gesundheitliche Einschränkungen der Bewerber, die sie de facto nicht an der Ausübung des Berufs hindern.
- Hat der Dienstherr gegen Verfahrensvorschriften verstoßen? Die Gerichte sind hier grundsätzlich penibel. Das Verfahren ist z.B. schon fehlerhaft, wenn ein Vorgesetzter eine Vorauswahl trifft, obwohl er am Bewerbungsverfahren offiziell gar nicht beteiligt ist. Auch die Besetzung der Auswahlkommission kann hier überprüft werden.
5. Was sind die Konsequenzen einer erfolgreichen Konkurrentenklage?
Das Gericht prüft lediglich, ob die Entscheidung des Dienstherrn frei von Fehlern ist. Es beurteilt jedoch nicht selbst, welche Bewerber nach der Bestenauslese für die Stelle qualifiziert sind. Diese Entscheidung wird an den Dienstherrn abgegeben und er wird aufgefordert, das Auswahlverfahren erneut unter Berücksichtigung der vergangenen Fehler nochmals durchzuführen.
6. Gibt es die Möglichkeit, Schadensersatz zu erhalten?
Unter Umständen können unterlegene Bewerber nach einem fehlerhaften Auswahlverfahren durch den Dienstherrn Schadensersatz verlangen. Im Wesentlichen sind zwei Voraussetzungen nötig:
- Schuldhaftes Handeln, das gegen Art. 33 GG verstößt. Der Dienstherr muss das Bewerbungsverfahren also vorsätzlich oder fahrlässig fehlerhaft geführt haben.
- Der unterlegene Bewerber muss zudem beweisen, dass er bei einem fehlerfreien Auswahlverfahren die Stelle erhalten hätte.
Diese Möglichkeit sollte der Bewerber vor allem dann in Betracht ziehen, wenn sein Konkurrent bereits ernannt wurde.
7. Fazit
- Mit einer Konkurrentenklage können unterlegene Bewerber gegen die rechtswidrige Auswahl eines anderen Bewerbers vorgehen. Zugleich wird der Dienstherr verpflichtet, das Bewerbungsverfahren erneut durchzuführen.
- Der effektivste Weg liegt im Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz und der Konkurrentenklage.
- Unterlegene Bewerber sollten schnell handeln. Ist der Konkurrent einmal offiziell ernannt, können sie nur noch in Ausnahmefällen gegen dessen Ernennung vorgehen. Sie haben dann aber ggfs. Anspruch auf Schadensersatz.