1. Wann droht ein Disziplinarverfahren?
Beim Verdacht eines Dienstvergehens (schuldhafte Verletzung der ihnen obliegenden Pflichten – § 47 BeamtStG, § 77 BBG) müssen Beamte in der Regel mit einem Disziplinarverfahren rechnen. Eine derartige Pflichtverletzung kommt beispielsweise in folgenden Fällen in Betracht:
- Missachtung dienstlicher Weisungen
- Mobbing von Kollegen
- Veruntreuung von Geldern
- Bestechlichkeit
- Kontakt mit kinderpornographischen Inhalten
- Alkohol- oder Drogenkonsum
- Verfassungsfeindliches Verhalten
Werden dem Dienstherrn Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen bekannt, leitet dieser von Amts wegen ein Disziplinarverfahren ein. Bereits ab diesem Zeitpunkt müssen Beamte mit schweren Nachteilen für eine potenzielle Beförderung rechnen.
2. Wie wirkt sich ein Disziplinarverfahren auf eine potenzielle Beförderung aus?
Ein Disziplinarverfahren wirkt sich fast immer auch negativ auf ein anstehendes oder laufendes Bewerberauswahlverfahren aus, denn in den meisten Fällen bringt ein Disziplinarverfahren auch Zweifel an der Eignung des Beamten für ein höheres Amt mit sich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.05.2021 – 2 VR 2.21).
Das führt häufig dazu, dass der Bewerber wegen des Disziplinarverfahrens vom Auswahlverfahren ausgeschlossen wird. Andernfalls würde sich der Dienstherr dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt sehen, wenn er einen pflichtwidrig handelnden Beamten für ein höheres Amt in Betracht zieht.
Für Beamte ist es daher sehr wichtig, ein gegen sie geführtes Disziplinarverfahren schnell zu beenden: Grundsätzlich gilt im Disziplinarverfahren das Gebot der Beschleunigung. Es soll grundsätzlich spätestens nach sechs Monaten abgeschlossen sein. In der Praxis dauern Disziplinarverfahren aber häufig länger, vor allem wenn auch ein Strafverfahren gegen den Beamten geführt wird. In diesem Fall wird das Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt. Dadurch kann ein Disziplinarverfahren im schlimmsten Fall Jahre dauern – in diesem Zeitraum stehen die Chancen auf eine Beförderung meist schlecht.
3. So kann sich der Beamte gegen den Ausschluss wehren
In der Regel teilt der Dienstherr dem Beamten schon im laufenden Bewerberauswahlverfahren mit, dass er ihn wegen eines Disziplinarverfahrens nicht berücksichtigt. Betroffene können und sollten sich bereits zu diesem Zeitpunkt gegen den Ausschluss wehren.
Beamte haben im Bewerberauswahlverfahren Anspruch auf eine ermessens- und beurteilungsfreie Entscheidung über ihre Bewerbung. Verletzt der Dienstherr mit dem Ausschluss diesen sog. Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten, kann der Ausschluss abgewendet werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dies insbesondere in drei Fällen möglich:
Disziplinarverfahren ohne Anlass eingeleitet
Bestand überhaupt kein Anlass zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens, darf der Dienstherr einen Beamten auch nicht wegen dieses Verfahrens aus dem Bewerberauswahlverfahren ausschließen. Das ist zum Beispiel denkbar, wenn der Dienstherr Sie wegen eines Dienstvergehens belangt, das ein anderer Kollege begangen hat.
Verdacht des Dienstvergehens besteht nicht mehr
Auch wenn zunächst ein Anlass zur Eröffnung eines Disziplinarverfahrens bestand, dürfen dem Beamten daraus keine Nachteile mehr erwachsen, wenn sich der Verdacht eines Dienstvergehens im Zuge der Ermittlungen erledigt. Der Dienstherr darf den Bewerber dann nicht mehr vom Bewerberauswahlverfahren ausschließen.
Dienstherr hat Disziplinarverfahren rechtsmissbräuchlich verzögert
Schließlich kann ein Disziplinarverfahren auch dann eine Berücksichtigung im Bewerberauswahlverfahren nicht verhindern, wenn der Dienstherr das Disziplinarverfahren rechtsmissbräuchlich verzögert hat.
Disziplinarverfahren dauern oft lange und häufig ist es schwierig, dem Dienstherr nachzuweisen, dass er die Verfahrensdauer rechtsmissbräuchlich verzögert hat. Ob man den Ausschluss daher mit dieser Begründung angreifen kann, hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab.
4. Profi-Tipp: So können Sie ein Disziplinarverfahren beschleunigen
Da das Disziplinarverfahren nur mit Nachteilen verbunden ist, sollten Sie sich darum bemühen, den Abschluss des Verfahrens voranzutreiben. Dauert das Disziplinarverfahren länger als sechs Monate, können Betroffene auf die Beschleunigung des Verfahrens hinwirken, indem sie einen Antrag auf Bestimmung einer Frist zum Abschluss des Disziplinarverfahrens beim Verwaltungsgericht stellen. Dieses bestimmt eine Frist, wenn für die Verzögerung des Verfahrens kein sachlicher Grund besteht (§ 62 Abs. 1 BDG).
5. Beförderung retten – Wie geht das?
Entscheidet sich die Dienstbehörde im Bewerberauswahlverfahren für einen Konkurrenten, ist Eile geboten, denn nach der Ernennung des Konkurrenten auf die von Ihnen angestrebte Stelle stehen Ihre Chancen wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität in der Regel schlecht.
Folgt das Verwaltungsgericht dem Eilantrag, darf der Dienstherr den Konkurrenten nicht ernennen, bis das Verwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren endgültig über die Rechtmäßigkeit der Auswahl entschieden hat.
Ein Disziplinarverfahren muss nicht immer der Grund für eine erfolglose Bewerbung sein. Auch in anderen Fällen ist die Bewerberauswahl nicht selten fehlerhaft und angreifbar.
6. Fazit
- Bei einem Dienstvergehen müssen Beamte mit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens rechnen.
- Während der Dauer eines Disziplinarverfahrens kann der Dienstherr den Beamten oft von einem Bewerberauswahlverfahren um eine Beförderung ausschließen.
- Ein Ausschluss ist allerdings unzulässig, wenn das Disziplinarverfahren ohne Anlass eingeleitet, der Verdacht eines Dienstvergehens widerlegt oder das Verfahren rechtsmissbräuchlich verzögert wurde.
- Die Ernennung eines Konkurrenten sollte mittels eines Eilverfahrens verhindert werden.
- 14 Tage nach Erhalt des Ablehnungsbescheids wird die Ernennung des Konkurrenten meist unwiderruflich wirksam.
- Erfolgte der Ausschluss zu Unrecht, muss das Auswahlverfahren meist wiederholt werden. Eine Garantie auf die Stelle ist damit aber nicht verbunden.