Abordnung von Angestellten im Öffentlichen Dienst (TV-L)

Die Abordnung ist ein flexibles Instrument zur Bewältigung personeller und organisatorischer Herausforderungen. Für den Arbeitnehmer kann sie jedoch belastend sein. Wir erklären, ob und wie der Arbeitgeber Sie abordnen darf und wie Sie dagegen vorgehen.

1. Was ist eine Abordnung?

Eine Abordnung ist die Zuweisung einer vorübergehenden Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben oder eines anderen Arbeitgebers. Das bestehende Arbeitsverhältnis bei der ursprünglichen Behörde bleibt bei der Abordnung bestehen.

Eine Abordnung kann innerhalb derselben Dienststelle, aber auch zu einer anderen Dienststelle eines anderen Arbeitgebers erfolgen. Der Arbeitgeber muss also nicht auch zwingend Arbeitgeber der neuen Dienststelle sein. Eine Abordnung ist daher auch kommunenübergreifend möglich.

Beispiel: Die Justizangestellte J wird zur Deckung eines vorübergehenden Personalbedarfs vom Amtsgericht Frankfurt am Main an das Amtsgericht Wiesbaden abgeordnet.

Auf den bestehenden Arbeitsvertrag mit dem bisherigen Arbeitgeber hat die Abordnung keinen Einfluss. Sie erhalten also während dieser Zeit Ihre bisherigen Bezüge und auch Ihr Urlaubsanspruch und sonstige Zusagen bleiben Ihnen erhalten.

2. Was ist der Unterschied zwischen Abordnung und Versetzung?

Eine Versetzung ist von vornherein auf Dauer angelegt und eine Rückkehr des Arbeitnehmers auf seinen vorherigen Dienstposten ist dabei nicht vorgesehen.

Eine Abordnung erfolgt hingegen stets nur für einen bestimmten Zeitraum. Anschließend kehrt der Arbeitnehmer grundsätzlich auf seinen alten Dienstposten zurück.

Beispiel: Arbeitnehmerin A arbeitet in der Kindertagesstätte Wickelfein in X. Aufgrund großer Personalnot in der Kindertagesstätte Wohlgefühl in X entschließt sich ihr Arbeitgeber B, sie zur Überbrückung des Personalengpasses dorthin für eine Dauer von drei Monaten abzuordnen.

Eine Mindest- oder Höchstdauer ist gesetzlich nicht geregelt. Maßgeblich sind die Umstände, auf Grund derer die Abordnung erfolgt. Abordnung und Versetzung unterscheiden sich auch in ihrer Reichweite: Während der Dienstherr den Arbeitnehmer temporär auch zu einem anderen Arbeitgeber abordnen darf, erlaubt die dauerhafte Versetzung nur eine Zuweisung zu einer Dienststelle desselben Arbeitgebers.

Im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Beförderung kann es auch zu einem Zusammenspiel von Abordnung und Versetzung kommen (Abordnung mit dem Ziel der Versetzung). Die Beförderung auf einen höheren Dienstposten erfolgt in aller Regel durch Versetzung des Arbeitnehmers und ist dann endgültig. Daher wollen viele Arbeitgeber zunächst mittels einer sogenannten Erprobung sicherstellen, dass der Arbeitnehmer für den höheren Posten auch wirklich geeignet ist. Hierzu behelfen sie sich mit einer Abordnung zur Erprobung, die bei erfolgreicher „Probezeit“ zu einer dauerhaften Versetzung führt.

3. Wann darf der Dienstherr Beschäftigte abordnen?

Das Recht zur Abordnung folgt aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Davon darf er jedoch nicht willkürlich Gebrauch machen. Vielmehr ist eine Abordnung nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

Dienstliche oder betriebliche Gründe für Abordnung

Eine Abordnung darf nur aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen erfolgen. Die Abordnung entscheidet sich in diesem Punkt grundsätzlich also nicht von einer Versetzung.

Betriebliche oder dienstliche Gründe für eine Abordnung liegen vor, wenn die vorübergehende Zuweisung zu einer anderen Dienststelle für die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung in der Verwaltung und unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit erforderlich ist.

Die üblichen Fallgruppen der Abordnung unterscheidet sich von denen der Versetzung vor allem durch ihren temporären Charakter:

  • Vorübergehender Ausfall von Beschäftigten bei anderer Dienststelle
  • Zeitweise Unterbesetzung einer Dienststelle
  • Vorübergehender Anfall von Mehrarbeit

Einen besonderen und positiven Fall der Abordnung stellt die Erprobung des Arbeitnehmers vor einer dauerhaften Versetzung auf einen höheren Posten dar. In diesem Fall profitiert der Arbeitnehmer in der Regel von der Abordnung, sodass sie in den meisten Fällen zulässig sein dürfte.

Anders als bei einer Versetzung kann der Arbeitgeber von der Möglichkeit der Abordnung auch nur teilweise Gebrauch machen, beispielsweise um Personalbedarf an einzelnen Tagen aufzufangen. Man spricht dann von einer Teilabordnung:

Beispiel: In der KiTa Wohlgefühl herrscht ausschließlich freitags Personalnot, der nicht anderweitig aufgefangen werden kann. Da in der KiTa Wickelfein freitags ausreichend Mitarbeiter verfügbar sind, setzt Arbeitgeber B die Arbeitnehmerin A nur freitags in der KiTA Wohlgefühl ein.

Der Arbeitgeber entscheidet über die Vornahme einer Abordnung nach sogenanntem billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dabei ist eine Abwägung zwischen den dienstlichen Interessen des Arbeitgebers und den (sozialen) Interessen des Arbeitnehmers vorzunehmen. Überwiegen die dienstlichen Interessen, muss der Arbeitgeber darüber hinaus eine Auswahlentscheidung zwischen allen in Betracht kommenden Arbeitnehmern und unter Berücksichtigung deren jeweiligen Interessen treffen. Eine echte Sozialauswahl wie im Fall einer betriebsbedingten Kündigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes ist dazu jedoch nicht erforderlich.

Ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers kann zwar grundsätzlich auch einen dienstlichen Grund für eine Abordnung darstellen, dürfte aber als solcher oft angreifbar sein. Im Gegensatz zu einer Versetzung löst eine Abordnung einen bestehenden Konflikt nur zeitweise, denn der Arbeitnehmer kehrt nach Ablauf des Abordnungszeitraums auf seine vorherige Beschäftigung zurück – und mit ihm dann ein etwaiger Konflikt. Bei der Abordnung entsteht daher schnell der Eindruck, dass sie weniger der langfristigen Konfliktlösung, sondern vielmehr einer Sanktionierung des Arbeitnehmers dient. Eine sanktionsweise Abordnung ist jedoch unzulässig.

Achtung: Eine Abordnung ist auch ohne Grund zulässig, wenn Sie der Abordnung zustimmen oder sie selbst beantragen.

In diesem Fall sollten Sie mit dem Arbeitgeber auch einen festen Abordnungszeitraum vereinbaren, um eine automatische Rückkehr auf Ihre frühere Beschäftigung sicherzustellen.

Beteiligung der Personalvertretung oder des Betriebsrates

Besteht ein Betriebs- oder Personalrat, muss dieser über die geplante Abordnung unterrichtet und angehört werden (§§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG; §§ 75, 78 BPersVG; entsprechende Landespersonalvertretungsgesetze). Nur mit seiner Zustimmung darf der Arbeitgeber die Abordnung vornehmen.

Erteilt der Betriebsrat oder Personalrat seine Zustimmung nicht, wird die Abordnung zunächst nicht wirksam. Der Arbeitgeber muss dann proaktiv weitere Schritte unternehmen:

Gremium Maßnahme
Betriebsrat Antrag an Arbeitsgericht bezüglich Ersetzung der Zustimmung zur Abordnung
Personalrat Vorlage an nächsthöhere Dienststelle mit Bezirks- oder Hauptpersonalrat zur Entscheidung
Anrufung der Einigungsstelle und verbindliche Entscheidung durch diese
Für Beschäftigte im Öffentlichen Dienst in einer Einrichtung des Landes sind die Regelungen des jeweiligen Landespersonalvertretungsgesetzes maßgeblich (z.B. in Rheinland-Pfalz: §§ 74 Abs. 1, 78 LPersVG RLP; in Baden-Württemberg: §§ 73, 75 LPVG BaWü; in Hessen: §§ 63, 66 HPVG).

Anhörung bei Abordnungsdauer über drei Monaten

Eine Anhörung des Arbeitnehmers ist nur erforderlich, wenn die Abordnung voraussichtlich länger als drei Monate andauern soll.

Der Arbeitgeber trifft hinsichtlich der Dauer der Abordnung eine Prognoseentscheidung. Eine nachträgliche Verlängerung des Abordnungszeitraums ist also nicht deshalb unzulässig, weil der Arbeitgeber zunächst von einer kürzeren Dauer ausgegangen ist und deswegen den Arbeitnehmer nicht angehört hat.

Beispiel: Arbeitgeber K ordnet die KiTa-Angestellte A für zwei Monate an eine andere Dienststelle ab, weil dort die Angestellte B mit einem Armbruch für zwei Monate ausfallen wird. Erst nachträglich zeigt sich, dass der Armbruch der B deutlich komplizierter ist als ursprünglich erkennbar und B dadurch zwei weitere Monate ausfällt. K verlängert daher die Abordnung der A um zwei Monate. Eine Anhörung der A war ursprünglich nicht erfolgt.

Im Beispiel hat der Arbeitgeber das Anhörungserfordernis nicht verletzt, weil der Abordnungszeitraum zum Zeitpunkt der Entscheidung voraussichtlich nur zwei Monate betragen hatte.

Achtung: Auch bei rechtswidrigem Ausbleiben der Anhörung bleibt diese wirksam. Unter Umständen macht sich der Arbeitgeber jedoch Ihnen gegenüber schadensersatzpflichtig.

Abordnung von Schwerbehinderten und Gleichstellung

Im Übrigen muss der Arbeitgeber auch die allgemeinen Regelungen zum Umgang mit schwerbehinderten Arbeitnehmern sowie die Regelungen zur Gleichstellung von Mann und Frau in der öffentlichen Verwaltung beachten. Diese bestimmen sich in letzterem Fall nach den Gleichstellungsgesetzen der Länder.

Für die Abordnung schwerbehinderter Arbeitnehmer bedeutet dies, dass die Schwerbehindertenvertretung über die Maßnahme zu unterrichten und anzuhören ist (§ 178 Abs. 2 SGB IX). Andernfalls macht sich der Arbeitgeber unter Umständen schadensersatz- oder entschädigungspflichtig, weil eine Benachteiligung des Arbeitnehmers in diesem Fall indiziert wird (§ 22 AGG).

Die Befugnisse der Gleichstellungsbeauftragten gehen demgegenüber noch weiter. Beanstandet oder widerspricht die Gleichstellungsbeauftragte der Abordnung, wird diese zunächst nicht wirksam. Die Gleichstellungsbeauftragte kann dann eine verbindliche Entscheidung durch die nächsthöhere Dienststelle herbeiführen (vgl. § 29 LGG RP; § 19 HGLG; § 21 ChancenG BW).

4. Darf man die Abordnung verweigern?

Eine Zustimmung des Arbeitnehmers ist grundsätzlich nicht erforderlich. Die Abordnung wird daher auch dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer ihr nicht zustimmt. Das Recht zur Versetzung oder Abordnung ist Teil des erweiterten Direktionsrechts des Arbeitgebers im Öffentlichen Dienst.

Achtung: Das Direktionsrecht des Arbeitgebers kann durch den Arbeitsvertrag beschränkt werden. Prüfen Sie daher stets, ob die beabsichtigte Abordnung mit den Bestimmungen im Arbeitsvertrag zu Tätigkeit, Arbeitszeit und Arbeitsort vereinbar sind.

Beispiel: Arbeitnehmer A ist als Hausmeister in der Albert Schweizer Grundschule in X-Stadt angestellt. In seinem Arbeitsvertrag ist hierzu folgendes geregelt:

Der Arbeitnehmer wird an der Albert Schweizer Grundschule in X als Hausmeister beschäftigt. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer auch an anderen Schulen in X-Stadt in gleicher Weise einsetzen.

Der Arbeitgeber kann den A im Beispiel also zwar an anderen Schulen in X-Stadt einsetzen, nicht jedoch an einer Schule in einer anderen Gemeinde. In der Praxis ist solch eine arbeitsvertragliche Beschränkung des Weisungsrechts jedoch äußerst selten.

Ob der Arbeitgeber in der Vergangenheit von seinem Direktionsrecht Gebrauch gemacht hat, ist im Übrigen nicht maßgeblich. Als Arbeitnehmer können Sie also nicht darauf vertrauen, weiterhin an gleicher Stelle beschäftigt zu werden.

Bestehen Zweifel daran, dass dienstliche oder betriebliche Gründe bestehen, sollten Sie gegen die Abordnung vorgehen.

Achtung: Auch wenn Sie die vom Arbeitgeber dargelegten dienstlichen oder betrieblichen Gründe anzweifeln, müssen Sie der Abordnung zunächst Folge leisten. Andernfalls riskieren Sie ein unentschuldigtes Fehlen und weitergehende arbeits- und dienstrechtliche Konsequenzen bis hin zu einer fristlosen Kündigung.

5. Abordnung mit Klage widersprechen

Der Arbeitgeber trifft seine Abordnungsentscheidung auf der Grundlage seines Direktionsrechts (§ 106 GewO) und nach billigem Ermessen. Obwohl die Entscheidung also zumeist durch eine Behörde getroffen wird, kann diese vor den Arbeitsgerichten mit Hilfe einer Klage angegriffen werden (LAG Düsseldorf, Beschl. v. 28.06.2024 – 3 Ta 51/24).

Da die Abordnung oft nur von kurzer Dauer ist, können Betroffene gegen diese häufig im Wege des Eilrechtsschutzes vorgehen (§§ 935, 940 ZPO). Denn andernfalls droht eine Erledigung des Rechtsstreits durch Zeitablauf weit bevor eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden kann. Als Arbeitnehmer können Sie dann nur noch die ursprüngliche Unwirksamkeit der Abordnung feststellen lassen und Schadensersatz einklagen.

Hat der Arbeitgeber eine Abordnung bislang zwar angekündigt, aber noch nicht ausgesprochen, können Sie gegen diese auch präventiv vorgehen. Dazu bietet es sich an, frühzeitig den Betriebsrat oder den Personalrat zu informieren. In schwerwiegenden Fällen ist auch eine Feststellungsklage zum Arbeitsgericht möglich. Mit dieser können Sie gerichtlich feststellen lassen, dass eine Abordnung nicht möglich ist. Ein solches Vorgehen ist jedoch nicht nur mit Kosten verbunden, die Sie im Falle des Unterliegens selbst tragen, sondern setzt auch voraus, dass Sie ein besonderes Interesse an der präventiven Feststellung haben. Ein solches kann beispielsweise bestehen, wenn Sie aufgrund der Abordnung auch umziehen müssten oder zumindest erhebliche Fahrtzeiten und -kosten in Kauf nehmen müssten.

6. Fazit

  • Mittels Abordnung wird dem Arbeitnehmer vorübergehend eine Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers zugewiesen.
  • Eine Abordnung ist nur aus betrieblichen oder dienstlichen Gründen zulässig und muss die sozialen Interessen des Arbeitnehmers überwiegen.
  • Die arbeitsvertraglichen Regelungen gelten auch während der Abordnung fort.
  • Der Betroffene muss nur angehört werden, wenn die Abordnung länger als drei Monate dauern soll. Eine Zustimmung des Arbeitnehmers ist allerdings grundsätzlich nicht erforderlich. Besteht ein Betriebs- oder Personalrat, muss dieser aber regelmäßig zustimmen.
  • Mit Hilfe einer Klage zum Arbeitsgericht können betroffene Arbeitnehmer der Abordnung widersprechen. Bis zur Klärung sollte der Abordnung jedoch Folge geleistet werden.