1. Verhaltensbedingte Kündigung: Das Wichtigste in Kürze
Die verhaltensbedingte Kündigung ist ein Unterfall der sogenannten ordentlichen Kündigung, die bei einem unbefristeten Arbeitsvertrag den Normalfall darstellt. Sie grenzt sich ab zur personenbedingten Kündigung, bei der die Eignung des Arbeitnehmers den Grund für die Kündigung darstellt. Die personenbedingte Kündigung erfordert kein Verschulden des Arbeitnehmers. Eine verhaltensbedingte Kündigung hingegen hat ihren Grund immer in einem bestimmten Verhalten des Arbeitnehmers: Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine Pflichtverletzung auf Seiten des Arbeitnehmers.
Nach § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sind nur sozial gerechtfertigte Kündigungen rechtswirksam. Sozial gerechtfertigt ist eine Kündigung nur, wenn deren Gründe in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegt oder dringende betriebliche Ursachen die Kündigung erforderlich machen. Das Kündigungsschutzgesetz gilt allerdings nur für Betriebe mit in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmern. Außerdem muss wegen § 1 Abs. 1 KSchG das Arbeitsverhältnis seit mehr als sechs Monate bestehen, andernfalls kann ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes gekündigt werden.
2. Verhaltensbedingte Kündigung auch ohne Abmahnung?
In der Regel muss einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung vorausgehen. Ohne vorherige Abmahnung ist die Kündigung unwirksam, sofern die Abmahnung nicht ausnahmsweise entbehrlich war. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer erklärt hat, weiter Pflichtverletzungen zu begehen. In diesem Fall muss er nämlich damit rechnen, seinen Arbeitsplatz zu verlieren.
3. Fristlos oder fristgerecht?
Eine verhaltensbedingte Kündigung kann sowohl fristlos als auch fristgerecht ausgesprochen werden. Je nachdem spricht man von einer außerordentlichen bzw. einer ordentlichen Kündigung.
Eine fristlose Kündigung (§ 626 BGB) beendet das Arbeitsverhältnis sofort. Bei der fristgerechten Kündigung hingegen endet das Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf einer Kündigungsfrist.
4. Gründe für eine verhaltensbedingt Kündigung
Folgende Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung sind von Arbeitsgerichten immer wieder bestätigt worden:
- Ein Arbeitnehmer kommt ständig zu spät zur Arbeit.
- Ein Arbeitnehmer führt regelmäßig private Telefonate oder macht private Erledigungen während der Arbeitszeit
- Verfehlungen am Arbeitsplatz (Diebstahl, sexuelle Belästigung)
- Arbeitszeitbetrug
- Beharrliche Arbeitsverweigerung
- Urlaub ohne Zustimmung des Arbeitgebers
- Nicht erlaubte Tätigkeit für die Konkurrenz
Das Recht im Bereich der verhaltensbedingten Kündigungen ist stark durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte geprägt. Ob ein Verhalten des Arbeitnehmers eine Kündigung rechtfertigt oder nicht, kommt immer ganz auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Nicht selten muss ein Arbeitsgericht klären, ob im konkreten Fall eine Kündigung zulässig war oder nicht.
5. Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung
Damit eine verhaltensbedingte Kündigung auch wirksam ist, müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
- Pflichtverletzung: Der Arbeitnehmer muss schuldhaft eine Pflicht aus dem Arbeitsvertrag verletzt haben.
- Abmahnung: Der Arbeitgeber muss das konkrete Verhalten des Arbeitnehmers abmahnen. Eine Ausnahme besteht nur in Ausnahmefällen, etwa wenn ein Arbeitnehmer erklärt hat, die Pflichtverletzung weiterhin zu begehen.
- Schriftform: Die Kündigung muss schriftlich erklärt werden. Eine mündliche Kündigung oder eine Kündigung per E-Mail oder per SMS oder WhatsApp ist nicht wirksam.
- Anhörung des Betriebsrats: Der Arbeitgeber hat für jede Kündigung den Betriebsrat zu hören, sofern es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
- Verhältnismäßigkeitsprüfung/Interessenabwägung: Der Arbeitgeber muss eine Interessenabwägung vornehmen. Dabei ist etwa die Schwere der Verfehlung in Betracht zu ziehen, aber zum Beispiel auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers. Es darf kein milderes Mittel gegenüber der Kündigung geben.
6. Frist
Gegen eine verhaltensbedingte Kündigung kann der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erheben. Diese kann der Arbeitnehmer nach § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht erheben. Versäumt der Arbeitnehmer die Frist, gilt die ausgesprochene Kündigung als von Anfang an wirksam.
Versäumt der Arbeitnehmer die Frist schuldlos, kann man einen Antrag auf nachträgliche Zulassung stellen (§ 5 KSchG).
7. Abfindung
Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es nicht. Mit ein wenig Geschickt lässt sich eine solche jedoch aushandeln. Die Chancen auf eine Abfindung verringern sich allerdings, wenn man bereits wirksam gekündigt wurde. Deshalb sollten betroffene Arbeitnehmer alle Möglichkeiten nutzen, eine Kündigung gar nicht erst wirksam werden zu lassen. Etwa in dem man sich vor dem Arbeitsgericht erfolgreich gegen eine Kündigung wehrt oder man Formfehler findet, die eine Kündigung unwirksam machen. Dies kann zum Beispiel die fehlende Zustimmung des Betriebsrats sein.
8. Sonderkündigungsschutz
Wenn ein Arbeitnehmer Sonderkündigungsschutz genießt, was zum Beispiel für Schwangere und Eltern in Elternzeit gilt, ist die Zustimmung der zuständigen Behörde erforderlich. Nach § 15 KSchG genießen außerdem Mitglieder von Betriebsräten sowie Jugend- und Auszubildendenvertretungen besonderen Kündigungsschutz.
9. Fazit
- Eine Pflichtverletzung eines Arbeitnehmers (z.B. häufiges Zuspätkommen, Diebstahl am Arbeitsplatz) kann zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen. Diese kann als ordentliche fristgerechte oder außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen werden.
- Der Arbeitgeber muss das konkrete Verhalten des Arbeitnehmers in der Regel vorher abmahnen.
- Der Arbeitgeber muss bei jeder Kündigung den Betriebsrat anhören und eine Interessenabwägung vornehmen. Dabei ist etwa die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers in Betracht zu ziehen. Es darf kein milderes Mittel gegenüber der Kündigung geben.
- Die außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung muss spätestens zwei Wochen nach Kenntnis des Fehlverhaltens ausgesprochen werden. Dagegen kann der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben.