- Strafverfahren und Disziplinarverfahren – was ist der Unterschied?
- Welche Konsequenzen hat ein eingeleitetes Strafverfahren für den Beamten?
- Unterbricht ein Strafverfahren das Disziplinarverfahren?
- Welche Disziplinarmaßnahmen drohen nach Abschluss des Strafverfahrens?
- In welchen Fällen verlieren Sie den Beamtenstatus?
- Was sollten Sie tun, wenn gegen Sie als Beamter ein Strafverfahren eingeleitet wurde?
- Fazit
1. Strafverfahren und Disziplinarverfahren – was ist der Unterschied?
Steht der Vorwurf einer Straftat im Raum, wird oft sowohl ein Straf-, als auch ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Es handelt sich um zwei getrennte Verfahren:
Strafverfahren
Im Strafverfahren wird ermittelt, ob der Verdächtige sich einer Handlung nach dem Strafgesetzbuch strafbar gemacht hat. Hier kommt zum Beispiel der Vorwurf der Untreue, der Körperverletzung, des Betrugs oder der Urkundenfälschung im Amt in Betracht. Ermittlungsorgan ist die Staatsanwaltschaft bzw. die Polizei. Ein Strafverfahren kann grundsätzlich jeden Bürger betreffen.
Ist der Verdächtige unschuldig, wird das Strafverfahren eingestellt. Kann ihm seine Tat nachgewiesen werden, verhängt das Gericht eine Strafe. Straftaten nach dem Strafgesetzbuch umfassen dabei keine Ordnungswidrigkeiten (z.B. Falschparken, Geschwindigkeitsüberschreitung).
Disziplinarverfahren
Das Disziplinarverfahren hat hingegen die Frage zum Inhalt, ob ein Beamter eine Dienstpflicht verletzt hat. Es betrifft allein das Verhältnis des Beamten zu dessen Dienstherrn und kann sich daher ausschließlich gegen Beamte richten. Die beamtenrechtlichen Pflichten sind in den Beamtengesetzen des Bundes und der Länder niedergeschrieben. Ein Verstoß wird als Dienstvergehen bezeichnet (z.B. Untreue, Missachtung von dienstrechtlichen Weisungen oder Alkoholkonsum am Arbeitsplatz).
Die Folgen können verschiedene Disziplinarmaßnahmen sein, die je nach Schwere der Tat vom Dienstherrn bestimmt werden (z.B. Verweis, Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge). Besonders scharfe Sanktionen kann der Dienstherr nur durchsetzen, indem er Klage beim Disziplinargericht erhebt (z.B. Entfernung aus dem Dienst, Zurückstufung).
2. Welche Konsequenzen hat ein eingeleitetes Strafverfahren für den Beamten?
Beamte müssen sich im Dienst selbstverständlich an Recht und Gesetz halten. Und auch während ihrer Freizeit wird von ihnen erwartet, dass sie keine Straftaten begehen.
Aus diesem Grund kann ein eingeleitetes Strafverfahren verschiedene Konsequenzen für den Beamten haben:
- Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, dem Dienstherrn die Einleitung des Strafverfahrens mitzuteilen. In aller Regel steht damit auch der Verdacht im Raum, dass der Beamte zugleich ein Dienstvergehen begangen hat. Dies führt meist zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Der Beamte muss also mit zwei Verfahren gegen sich rechnen.
- Bei einer Verurteilung nach dem Strafgesetzbuch erfolgt ein Eintrag im Bundeszentralregister. Oberste Bundes- und Landesbehörden können hier Einblick nehmen. Wo sonst das Führungszeugnis relevant wird, kommt für Beamten das Bundeszentralregister zum Zug.
- Dem Beamten kann zudem eine besonders schwere Strafe durch seinen Beamtenstatus drohen. Bestimmte Sondertatbestände erhöhen nämlich den Strafrahmen, wenn ein Beamter im Dienst die Tat begeht (z.B. Körperverletzung im Amt).
- Auch für Beamte im Ruhestand hat ein eingeleitetes Strafverfahren Bedeutung. Es kann zu einer Kürzung bzw. Streichung des Ruhestandsgehalts kommen. Im äußersten Fall verlieren Sie Ihre Ruhestandsbezüge.
3. Unterbricht ein Strafverfahren das Disziplinarverfahren?
Um doppelten Aufwand und sich widersprechende Ergebnisse zu verhindern, wird das Disziplinarverfahren bereits nach Einleitung eines Strafverfahrens – spätestens aber mit Erhebung der Anklage – in aller Regel ausgesetzt. Der Dienstherr wartet dann die Entscheidung des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren ab.
Grund dafür ist, dass ein rechtskräftiges Urteil innerhalb des Disziplinarverfahrens bindende Wirkung entfaltet. Es erfolgt daher keine erneute Überprüfung. Der Dienstherr ist vielmehr an die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts gebunden, sofern die Feststellungen im Urteil nicht offenkundig unrichtig sind.
Ob die festgestellten Tatsachen auch wirklich ein Dienstvergehen darstellen, prüft der Dienstherr hingegen selbst. Damit setzt sich ein Strafgericht nicht auseinander.
4. Welche Disziplinarmaßnahmen drohen nach Abschluss des Strafverfahrens?
Grundsätzlich drohen Beamten nach einem Strafverfahren die gewöhnlichen Disziplinarmaßnahmen.
Allerdings gelten Einschränkungen:
Nach einer Verurteilung oder der Verfahrenseinstellung gegen Auflagen oder Weisungen darf der Dienstherr keinen Verweis mehr aussprechen. In einigen Ländern (z.B. Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hessen) ist auch die Geldbuße und die Kürzung des Ruhegehalts gesperrt. Eine Kürzung der Dienstbezüge kommt darüber hinaus nur in Ausnahmefällen in Betracht.
Beides betrifft meist weniger gravierende Straftaten und soll verhindern, dass der Beamte im Übermaß sanktioniert wird. Der Gesetzgeber hält in der Regel bereits die strafrechtlichen Konsequenzen für ausreichend.
Hat das Gericht den Angeklagten freigesprochen, darf wegen desselben Sachverhalts keine Disziplinarmaßnahme mehr ergehen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Freispruch nur erfolgt ist, weil der Sachverhalt keine Straftat darstellt, als Dienstvergehen aber zu sanktionieren ist. Grund dafür ist, dass nicht jedes Dienstvergehen eine Straftat ist.
5. In welchen Fällen verlieren Sie den Beamtenstatus?
Der Verlust des Beamtenstatus hängt davon ab, ob der Beamte die Straftat fahrlässig oder vorsätzlich begangen hat. Nur bei einer vorsätzlichen Straftat kann der Beamtenstatus aufgehoben werden. Fahrlässiges Fehlverhalten lässt den Status hingegen unberührt. Mit dem Verlust des Beamtenstatus gehen auch alle Rechte auf Besoldung und Versorgung unter.
In folgenden Fällen verlieren Sie mit Rechtskraft des Urteils automatisch Ihren Beamtenstatus:
- Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr (auch auf Bewährung).
- Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen Friedensverrats, Hochverrats, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrats oder Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung bezieht, Bestechlichkeit (auch bei Bewährung).
Wurde ein geringeres Strafmaß verhängt, ist der Verlust des Beamtenstatus (in diesem Fall: „Entfernung aus dem Dienst“) unwahrscheinlich – aber nicht ausgeschlossen.
Für Beamte im Ruhestand gelten ähnliche Regelungen. Die meisten Bundesländer erkennen die Ruhestandsrechte zwar erst bei einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren ab, in den meisten Ländern bleibt es allerdings bei der Sechs-Monats-Grenze hinsichtlich der oben aufgeführten Delikte.
6. Was sollten Sie tun, wenn gegen Sie als Beamter ein Strafverfahren eingeleitet wurde?
Sind Sie Beamter und wird Ihnen eine Straftat vorgeworfen, so erhält jede Ihrer Aussagen eine „doppelte“ Bedeutung aufgrund der ausstrahlenden Wirkung im Disziplinarverfahren.
Ihr Anwalt kann dann Akteneinsicht nehmen und im besten Fall die Einstellung des Verfahrens erreichen. Dies führt dann meist dazu, dass auch das Disziplinarverfahren eingestellt wird und Ihnen keine Nachteile drohen.
7. Fazit
- Das Strafverfahren betrifft Straftaten und wird von der Staatsanwaltschaft geleitet. Im Disziplinarverfahren geht es hingegen um Dienstvergehen, die der Dienstherr zu ermitteln versucht.
- Nach Beginn des Strafverfahrens wird der Dienstherr durch die Staatsanwaltschaft benachrichtigt und leitet in der Regel ein Disziplinarverfahren ein.
- Das Disziplinarverfahren wird üblicherweise erst nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzt.
- Das Strafverfahren hat Vorrang vor dem Disziplinarverfahren. Das Disziplinarverfahren richtet sich nach dem Ergebnis des Strafverfahrens, d.h. ein rechtskräftiges Urteil entfaltet bindende Wirkung.
- Beamte, die zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurden, verlieren ihren Beamtenstatus. Bei einigen Delikten (z.B. Hochverrat) genügen bereits sechs Monate.
- Wurde gegen Sie ein Straf- oder Disziplinarverfahren eingeleitet, sollten Sie zunächst Ruhe bewahren und jede Aussage verweigern und mittels anwaltlicher Hilfe die Einstellung des Verfahrens anstreben.