Rechtsanwalt Dr. Ulrich Hallermann ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und berät umfassend rund um das Thema Abmahnung. Um dieses rankt sich so mancher Irrglaube: Nicht vor jeder Kündigung muss der Betroffene abgemahnt worden sein. Und drei Abmahnungen haben auch nicht automatisch eine Kündigung zur Folge.
In Rheinland-Pfalz gibt es eine Besonderheit: Sofern der Tarifbeschäftigte die Mitbestimmung beantragt, muss der Personalrat der Abmahnung des Dienstherren zustimmen, § 78 II Nr. 15 LpersVG. Tarifbeschäftigte in RLP werden die Mitbestimmung regelmäßig beantragen, da sie insoweit wenig zu verlieren und viel zu gewinnen haben: Sofern der Personalrat der Abmahnung nicht zustimmt, hat sich die Angelegenheit für den Tarifbeschäftigten in der Regel erledigt. Sofern der Personalrat zustimmt, kann der Tarifbeschäftigte zur Not immer noch vor dem Arbeitsgericht gegen die Abmahnung klagen.
Welche Funktion hat die Abmahnung?
Abmahnungen können vom Arbeitgeber ausgesprochen werden, wenn er die schuldhafte Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten beanstanden möchte. Dabei kann es um die Arbeitsleistung oder das sonstige Verhalten des Arbeitnehmers gehen (unentschuldigtes Fehlen, häufiges Zuspätkommen usw.).
Abmahnungen zielen also zunächst einmal darauf ab, den Mitarbeiter zu einer Besserung anzuhalten. Er wird auf Verfehlungen hingewiesen, also gerügt, und vor Konsequenzen seines Handelns für die Zukunft gewarnt. Um der Kritik Nachdruck zu verleihen, drohen Arbeitgeber für den Fall fortgesetzter gleichartiger Pflichtverstöße in der Regel zugleich eine Kündigung an. Die Abmahnung ist ihr gegenüber das mildere Mittel.
Die Abmahnung kann auch dazu dienen, einer späteren Kündigung den Weg zu ebnen. Dies gilt speziell für den Fall der verhaltensbedingten Kündigung. Diese ist zumeist nur rechtens, wenn der Mitarbeiter zuvor wegen derselben Pflichtverletzung zumindest einmal erfolglos abgemahnt worden ist. Ausnahmen hiervon bilden extrem schwerwiegende Pflichtverstöße, bei denen auch eine fristlose außerordentliche Kündigung zulässig wäre.
Was setzt eine Abmahnung voraus?
Für eine wirksame Abmahnung ist keine besondere Form vorgeschrieben. Der Chef kann den Mitarbeiter also entweder mündlich abmahnen oder dies schriftlich tun. Arbeitgeber sollten aber bedenken, dass sich eine nur mündlich ausgesprochene Abmahnung später oft schwer nachweisen lässt.
Wichtig ist auch, dass nur ein Vorgesetzter eine andere Person wirksam abmahnen kann, nicht etwa ein Kollege, der ihm gegenüber gar nicht weisungsbefugt ist. Außerdem muss die Abmahnung dem Betreffenden zugehen (Postweg, persönliche Übergabe o.ä.).
Eine gesetzliche Frist gibt es für die Abmahnung nicht. Arbeitgeber sollten mit einer Abmahnung aber nicht allzu lange warten. Nehmen sie ein Fehlverhalten zunächst hin und sprechen z.B. erst Monate nach dem Vorfall eine Abmahnung aus, so geraten sie natürlich in Erklärungsnot. Oft müssen sie sich dann fragen lassen, ob das gerügte Verhalten überhaupt abmahnungswürdig oder eher als Bagatelle anzusehen war.
In der Sache muss eine Abmahnung inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dem Arbeitnehmer muss klar werden, was ihm genau zum Vorwurf gemacht wird.
Der Abgemahnte muss außerdem aufgefordert werden, sein Fehlverhalten abzustellen, verbunden mit der konkreten Androhung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Eine bloße Ermahnung oder Kritik ohne Kündigungsandrohung ist noch keine Abmahnung.
Wie kann sich der Arbeitnehmer wehren?
Entspricht eine Abmahnung schon nicht den Mindestanforderungen, wird also z.B. nicht klar, was dem Arbeitnehmer überhaupt vorgeworfen wird, so kann dieser fordern, dass sie aus seiner Personalakte entfernt wird. Ein Schreiben mit dem nichtssagenden Tenor „Herr X ist faul“, wie im obigen Beispiel, braucht niemand zu akzeptieren.
Denkbar ist daneben der Fall, dass zwar konkrete Vorwürfe erhoben werden, diese aber sachlich falsch sind.
Auch in solchen Fällen kann der Arbeitnehmer die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte fordern, notfalls auf dem Klageweg.
Alternativ kann er eine sogenannte Gegendarstellung aufsetzen, die zur Personalakte genommen werden muss. In dieser kann er schildern, aus welchen Gründen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe aus seiner Sicht unzutreffend sind. Eine Gegendarstellung ist sogar dann sinnvoll, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich eine Verfehlung begangen hat, diese sich aber aus seiner Perspektive anders darstellt.
Was sollten Arbeitgeber bei Abmahnungen beachten?
Arbeitgeber, die einen Mitarbeiter abmahnen wollen, sollten zunächst darauf achten, die oben geschilderten Wirksamkeits-Voraussetzungen einzuhalten. Die Abmahnung sollte also konkrete Vorwürfe und ggf. Sanktionen für den Wiederholungsfall nennen, sie sollte im zeitlichen Zusammenhang mit dem gerügten Verhalten erfolgen und von einer Person ausgesprochen werden, die dem Mitarbeiter gegenüber weisungsbefugt ist; also z.B. nicht nur von der Sekretärin des Geschäftsführers.
Denkt der Arbeitgeber darüber nach, dem Mitarbeiter verhaltensbedingt zu kündigen, so sollte er sich noch weiter absichern. Aus Beweisgründen sollte er schriftlich und nicht nur mündlich abmahnen, den Zugang der Abmahnung beim Mitarbeiter belegen können (etwa durch Zeugen oder Einschreiben) und die Kündigung in der Abmahnung auch schon explizit androhen.