Akte geschlossen ! Mit der richtigen Strategie und vor allem Taktik alle Ziele erreichen
I. Das Problem: Lange Phasen der Untätigkeit hindern z.B. den Abschluss einer Dienstvereinbarung
Im öffentlichen Dienst dauern die Dinge häufig länger. Dies ist häufig auch in der Privatwirtschaft leider der Normalfall. Der Stillstand ist die Regel, Dienstvereinbarungen können nicht von heute auf morgen abgeschlossen werden, die Mitwirkung des Personalrates ist erforderlich. Die Dienststelle muss zielgerichtet vorgehen, was in der Praxis häufig nicht der Fall ist.
Durch eine Dienstvereinbarung zu Arbeitszeitkonten kann der Dienstherr Klarheit schaffen, wie die täglich geleistete Arbeitszeit zu verbuchen ist. Dies ist nicht unbedingt im Interesse des Personalrates, für den eine entsprechende Dienstvereinbarung keine direkten Vorteile hat. Nachfolgend werden die richtige Strategie und Taktik beschrieben, damit die Dienstvereinbarung zum Abschluss gebracht werden kann.
II. Die Lösung: Militärtaktik nach von Clausewitz für das Personalreferat
1. Von Clausewitz
Militärtechnicken nach dem preußischen Generalmajor und Wissenschaftler von Clausewitz werden noch heute an Akademien gelehrt und in der Unternehmenswelt eingesetzt. RA Dr. Ulrich Hallermann hat ein Konzept entwickelt, um seine Theorien auf den öffentlichen Dienst zu übertragen.
Von Clausewitz differenziert nach Strategie und Technick. Strategie ist eine langfristige Planung zur Erreichung von Zielen. Taktik ist das aktive Handeln gem. der Strategie und das passive Reagieren im Tagesgeschäft auf unerwartete Situationen. Der Schwerpunkt liegt auf der Taktik. Es muss im Tagesgeschäft sehr flexibel auf sich ständig ändernde Umstände reagiert werden. Ohne die richtige Taktik versanden die Ziele, die Strategie hilft allenfalls bei der Erstellung eines groben Zeitplanes und eventueller Zwischenschritte.
2. Strategie
Es ist erforderlich, einen Zeitplan festzulegen und auf Seiten der Dienstelle jemanden (vorzugsweise aus dem Personalreferat) zu benennen, der für den Abschluss der Dienstvereinbarung zuständig ist. Da die Dienststelle den Abschluss der Dienstvereinbarung nicht erzwingen kann, ist festzulegen, ab wann das Prozedere zum Einigungsstellenverfahren eingeleitet wird. Das Zeitfenster sollte eher knapp gesetzt werden, damit Druck vorhanden ist. Selten werden Verhandlungen von mehr als drei bis sechs Monaten zum Ziel führen.
Weiter ist zu überlegen, wie das Thema Dienstvereinbarung dem Personalrat präsentiert wird. Diese kann z.B. im Quartalsgepräch vorgestellt werden. Der Personalbedarf wird Änderungswünsche haben. Im Vorfeld sollte festgelegt werden, wann die Verhandlungen für gescheitert erklärt werden und das Einigungsstellenverfahren eingeleitet wird. In der Regel wird eine Frist von mehr als sechs Monaten selten zielführend sein.
Schließlich sind Zwischenschritte festzulegen, z.B.:
- Vorstellen der Dienstvereinbarung
- Diskussion im Quartalsgespräch
- Abschluss oder Einleitung Quartalsgespräch
Man kann in der Strategie nach verschiedenen Elementen differenzieren, nämlich in die moralischen, die physischen, die mathematischen, die geographischen und die statistischen Elemente (von Clausewitz, Carl. Vom Kriege: Vollständige Ausgabe der acht Bücher (German Edition) (S.121). Zenodot Verlagsgesellscha. Kindle-Version).
- Moral: Alles was durch geistige Eigenschaften und Wirkungen hervorgerufen wird (Talent, Tugend, Kühnheit, Beharrlichkeit)
- Physisch: Größe der Streitmacht, Zusammensetzung, Verhältnis der Waffen
- Mathematisch: Winkel der Operationslinien, konzentrische und exzentrische Bewegungen,
- Geographisch: Einfluss der Gegend (dominierende Punkte, Gebirge, Flüsse, Wälder, Straßen), Sammlung im Raum und der Zeit
- Statistisch: Mittel des Unterhaltes, Vorhalten einer Reserve, Stillstand, Spannung und Ruhe
Auf Auseinandersetzungen des Dienstherren übertragen bedeutet dies:
- Moral: Wie stark ist das Interesse des Dienstherren an der Umsetzung des Vorhabens ?
- Physisch: Welche Ressourcen stehen dem Dienstherren zur Verfügung ?
- Mathematisch: Welche Bewegungen vollzieht die Gegenseite ?
- Geographisch: Wie sind die Gegebenheiten in der Dienststelle ?
- Statistisch: Welche Reservekapazitäten können vorgehalten werden ? Wird akzeptiert, dass der Vorgang zeitweise liegen bleibt ?
3. Taktik
Die Taktik befasst sich mit dem Vorgehen (=Gefecht) nach Finalisierung der Strategie bis zum Abschluss der Dienstvereinbarung.
Der Abschnitt nach Festlegen der Strategie bis zum Sieg ist der längste und schwerste Abschnitt. Grund hierfür ist, dass Auseinandersetzungen häufig von einem langen Stillstand geprägt sind. Soweit möglich muss der Dienstherr versuchen den Stillstand wo möglich immer zu durchbrechen. Folgende Maßnahmen bieten sich hierfür an:
- Bestimmung eines zuständigen Referenten für regelmäßige Wiedervorlagen
- Regelmäßige Thematisierung in den Monatsgesprächen
- Anlassbezogene Ansprachen des Personalratsvorsitzenden
Allgemein sind im Rahmen der Taktik immer die folgenden Punkte zu berücksichtigen:
- Dauer des Gefechts
- Entscheidung des Gefechts
- Einverständnis beider Teile zum Gefecht
- Wann soll man eine Pause machen ?
- Hauptschlacht, Nebenschlacht
- Besondere Gefechtssituationen
- Rückzug nach einer verlorenen Schlacht
- Evaluierung vorhandene Streitkräfte
- Hauptschauplätze der Auseinandersetzung (direkte Konfrontation, z.B. Monatsgespräch, Personalversammlung, Einigungsstellenverfahren)
- Nebenschauplätze der Auseinandersetzung
- Persönliche Konflikte der Beteiligten außerhalb des Hauptschauplatzes
- Personalsituation in der Dienststelle, wie dringend erforderlich ist der Abschluss der Dienstvereinbarung ?
- Anforderungen durch Dritte wie übergeordnete Behörden an den Dienstherren
- Anforderungen durch Dritte Stufenvertretung/Gewerkschaften/SBV/Gleichstellungsbeauftragte an den Personalrat
- Ressentiments aufgrund Geschlecht, Alter und soziale Herkunft der beteiligten Personen
In Auseinandersetzungen sind der Stillstand bzw. Nebenschauplätze die Regel und entscheidende Auseinandersetzungen die Ausnahme. Der dreißigjährige Krieg ist ein abschreckendes Beispiel für eine elend lange Auseinandersetzung. Verschiedene Beteiligte und deren unterschiedliche Interessen zogen den Konflikt in die Länge. Auch Verbündete konnten sich nicht auf einheitliche Ziele einigen. Ein Frieden scheitete auch lange Zeit an den herben Verlusten auf allen Seiten.
Der Dienstherr hat verschiedene Möglichkeiten, mit dieser Situation umzugehen:
Er kann versuchen Druck auszuüben. Er kann versuchen, die Strategie anzupassen. Er kann den Stillstand geschickt zu seinem Vorteil ausnutzen, sofern auch die Gegenseite an einem zeitnahen Abschluss interessiert ist.
Die Taktik sollte mindestens wöchentlich, besser täglich neu bestimmt werden.
Hierbei sind folgende Fragen zu stellen: Was ist der nächste Schritt ? Ist man noch im Einklang mit der Strategie ? Wie lange kann noch zugewartet werden ?
III. Welche „Streitkräfte“ werden in das „Gefecht“ entsendet ?
1. Grundlagen
Bei den Streitkräften sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:
- Größe/Ressourcen der Parteien: Wie viele Beteiligte gibt es auf beiden Seiten ? Auf wie viel Manpower kann zurückgegriffen werden?
- Vorhandene Waffen: Welche Machtmittel stehen den Beteiligten zur Verfügung ?
- Schlachtordnung: Wie sollen die vorhandenen Machtmittel eingesetzt werden ?
- Vorposten, Lager, Märsche, Operationsbasis: Haben die Beteiligten auf der jeweils anderen Seite Spione oder Horchposten ?
- Gegend und Boden: Welche nicht direkt beeinflussbaren Faktoren müssen berücksichtigt werden ?
2. Auf der Seite des Dienstherren
„Gesetzt“ sind als Beteiligte auf der Seite der Dienstherren die Dienststellenleitung sowie Mitglieder des Personalreferates. Weitere Akteure können je nach taktischer Lage hinzutreten (z.B. Mitglieder der übergeordneten Dienststelle) oder externe Berater wie Rechtsanwälte oder Coaches. Bei den Ressourcen ist der Dienstherr dem Personalrat überlegen, da er zur Not auf die gesamte Dienststelle zurückgreifen kann.
Die Waffen des Dienstherren sind begrenzt, in vielen Fällen ist er auf die Mitwirkung des Personalrates angewiesen. Eine Waffe kann daher z.B. sein, bei einer anderen Dienstvereinbarung dem Personalrat die Mitwirkung zu verweigern.
3. Auf der Seite des Personalrates
„Gesetzt“ ist auf der Seite des Personalrates der oder die Vorsitzende. In der Regel werden ein oder mehrere weitere Mitglieder hinzutreten, die zum engeren Vertrautenkreis gehören (häufig die Freigestellten). Mitglieder der Gewerkschaft, Schwerbehindertenvertretung sowie die Gleichstellungsbeauftragte können hinzutreten. Auch nicht gewählte Bedienstete (besonders problematisch: aus dem Personalreferat) können offen Partei für den Personalrat ergreifen. Dennoch sind die personellen Ressourcen des Personalrates geringer als diejenigen der Dienstelle, da nicht alle seine Mitglieder freigestellt sind
4. Nicht zu beeinflussende Faktoren von beiden Seiten
Militärtaktisch können Grund und Boden von beiden Seiten nicht beeinflusst werden. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies:
- Es kann nicht prognostiziert werden, ob die Bediensteten Partei für die Dienstelle oder den PR ergreifen
- Es kann nicht prognostiziert werden, wie sich Externe übergeordnete Dienststellen oder Gewerkschaften verhalten
- Es kann nicht prognostiziert werden, wie Verfahren vor der Einigungsstelle laufen oder Gerichte einen Rechtsstreit entscheiden
IV. Mittels Angriff oder Verteidigung zum Ziel ?
1. Angriff des Dienstherren
Die Dienststelle kann ihre Ziele mittels Angriff oder Verteidigung verfolgen. Der Begriff ist subjektiv aus der Sicht des Dienstherren zu bestimmen. Zu bevorzugen sind Angriffe, die der Personalrat gar nicht als solche wertet und zum Ziel führen. Subjektiv empfundene Angriffe führen häufig zu Verteidigungshandlungen des Personalrates.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Angriffs:
Die Dienststelle kann direkt einen Entwurf für die Dienstvereinbarung dem Personalrat vorlegen.Es kann ein Einigungsstellenverfahren für den Fall angedroht werden, dass der Personalrat nicht kooperationsbereit ist. Die Dienststelle kann indirekt im Monatsgespräch nur in einem Nebensatz die angeblich unwichtige Dienstvereinbarung anregen.
Vor- und Nachteile des Angriffs sind:
- Es können Verbündete verloren gehen
- Es kann zu Verlusten kommen
Das Ziel ist militäraktisch die Vernichtung der feindlichen Streitkräfte, es stellt sich dann die Frage nach dem Umfang:
1. nur soviel zu vernichten, als der Gegenstand des Angriffs erfordert; 2. oder soviel als überhaupt möglich ist; 3. wenn die Schonung der eigenen dabei der Hauptgesichtspunkt wird; 4. dies kann wieder so weit gehen, daß der Angriff nur bei günstiger Gelegenheit etwas zur Vernichtung der feindlichen Streitkräfte unternimmt; von Clausewitz, Carl. Vom Kriege: Vollständige Ausgabe der acht Bücher (German Edition) (S.443). Zenodot Verlagsgesellscha. Kindle-Version.
Die Vernichtung der feindlichen Streitkräfte ist im öffentlichen Dienst regelmäßig nicht zielführend. Häufig wird Variante 1 zu bevorzugen sein. Dies insbesondere dann wenn wie mit dem Personalrat die Zusammenarbeit noch fortgesetzt werden muss.
2. Verteidigung des Dienstherren
Die Dienstvereinbarung wird mittels Verteidigung eingebracht, wenn der Personalrat eine andere Dienstvereinbarung bei der Dienststelle anfragt (z.B. Homeoffice) und diese von der Dienststelle zunächst unter Verweis auf die laufenden Verhandlungen zum Arbeitszeitkonto abgelehnt wird.
Bei der Verteidigung muss der Dienstherr analog zur Militärtaktik folgende Punkte bedenken:
- Welche Verteidigungsmittel werden zum Einsatz gebracht ?
- Welche Festungen werden angelegt (Vorrat, Zuflucht, taktischer Anlehnungspunkt) ?
- Wann wird ein Rückzug erwogen ?
VI. Wie geht es nach (Zwischen-) Sieg oder Niederlage weiter ?
Nach dem Sieg ist vor der nächsten Niederlage oder dem nächsten Sieg.
Es stellen sich regelmäßig folgende Fragen/Themen, die einzelfallbezogen zu beantworten sind:
Wie lange dauert die Auseinandersetzung ?
Wie geht man mit einem Stillstand um ?
Welche der Parteien muss den ersten Schritt zu einem „Waffenstillstand“ machen ?
Zentral gerade im Verhältnis Dienststelle – Personalrat: Welche Wirkung hat ein Sieg auf die Gegenseite, mit der man eventuell noch zusammen arbeiten muss ?