Muss ein Arbeitgeberdarlehen nach Kündigung zurückgezahlt werden?

Arbeitgeberdarlehen sind oft attraktiv. Doch was geschieht mit dem Kredit, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag kündigt oder selber gekündigt wird?

1. Was ist ein Arbeitgeberdarlehen?

Im Normalfall erhalten Arbeitnehmer ein Darlehen von ihrer Bank. Das ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit. Der Arbeitnehmer kann auch von seinem Arbeitgeber ein Darlehen bekommen. Ein solches Arbeitgeberdarlehen ist oftmals zinsgünstiger als ein Bankkredit.

Nicht zu verwechseln ist es mit einem Lohnvorschuss oder einer Abschlagszahlung des Arbeitgebers.

  • Einen Vorschuss leistet der Arbeitgeber, indem er den Lohn früher zahlt als im Arbeitsvertrag vorgesehen. Sobald der Lohn fällig ist, wird der Vorschuss zu verrechnet.
Beispiel: Arbeitnehmer A erhält schon Anfang Mai das Gehalt für den Monat Mai. Normalerweise wird das Gehalt immer rückwirkend am Monatsende ausbezahlt.
  • Der Abschlag wird aus dem verdienten, aber noch nicht abgerechneten Lohn gezahlt.
Beispiel: Die Vergütung des A ist zu großen Teilen erfolgsabhängig. Sie kann erst im Laufe des Folgemonats abschließend berechnet werden. Bereits am Ende des Monats erhält A eine erste Abschlagszahlung.

Das Arbeitgeberdarlehen hat hingegen grundsätzlich nichts mit dem Lohn des Arbeitnehmers zu tun. Üblicherweise geht es um Beträge, die den Lohn des Arbeitnehmers erheblich übersteigen.

Beispiel 1: Arbeitnehmer A möchte sich ein Haus kaufen. Er wendet sich daher an seinen Arbeitgeber B und bittet ihn, zumindest einen Teil des Kaufs zu finanzieren. A will dem B das Geld später erstatten.

Beispiel 2: Arbeitnehmer C möchte neben seinem Beruf ein Studium aufnehmen. Da er die hohen Studienkosten nicht sofort begleichen kann, bittet er seinen Arbeitgeber, die Summe vorzustrecken.

Das Arbeitgeberdarlehen ist somit ein echtes Darlehen und muss später zurückgezahlt werden.

Beispiel: Arbeitnehmer Vorschusski (V) und Darlehnski (D) verdienen beide 2.500 Euro. V bittet seinen Arbeitgeber (A) am 10. Januar, ihm schon 500 Euro vom Monatslohn zu zahlen. D möchte hingegen ein Arbeitgeberdarlehen in Höhe von 500 Euro von A erhalten.

Wie wirkt sich das auf den Lohn der beiden Arbeitnehmer aus?

V hat bereits 500 Euro von seinem Lohn als Vorschuss erhalten. Am Monatsende erhält er daher noch 2.000 Euro von A.

D hat hingegen ein Darlehen bekommen. Am Monatsende zahlt A ihm die vollen 2.500 Euro. Die 500 Euro zahlt er unabhängig von seinem Lohn zu einem späteren Zeitpunkt zurück.

Natürlich kann der Arbeitgeber auch Rückzahlungsansprüche aus dem Darlehen mit fälligen Lohnzahlungen ver- bzw. aufrechnen (s.u.). Dabei geht es allerdings meist nicht um Vorgänge aus ein- und demselben Monat.

2. Wie erhalte ich ein Arbeitgeberdarlehen?

Ein Arbeitgeberdarlehen wird aufgrund eines Darlehensvertrags (§§ 488ff. BGB) zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt.

Dabei handelt es sich regelmäßig um einen Verbraucherdarlehensvertrag, der schriftlich abgeschlossen werden muss.

Liegt der vereinbarte Zinssatz hingegen unter dem Marktüblichen, liegt kein Verbraucherdarlehen vor (hier hilft z.B. ein Vergleich mit Angeboten einer Bank). Dasselbe gilt, wenn das Darlehensvolumen unter 200 Euro beträgt und/oder der Kredit nach maximal drei Monaten zurückzuzahlen ist. In diesen Fällen kann der Vertrag auch wirksam mündlich geschlossen werden (sollte er aber nicht!).

Arbeitnehmer und Arbeitgeber können die Konditionen des Darlehensvertrags zu großen Teilen frei aushandeln.

Typische Bestandteile des Darlehensvertrags sind:

  • Höhe des Darlehens
  • Zinsen
  • Aus- und Rückzahlungsmodalitäten
  • Laufzeit
  • Eventuell Sicherheiten wie eine Bürgschaft
  • Belehrungen zum Widerrufsrecht (bei Verbraucherdarlehen)
Vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber keine Verzinsung, so gilt nicht etwa ein gesetzlicher Zinssatz. Das Darlehen ist dann für den Arbeitnehmer zinsfrei.

Nicht alle Arbeitgeber sind jedoch zum Abschluss eines Darlehensvertrags bereit. Hierzu besteht grundsätzlich auch keine Pflicht. Es handelt sich um eine rein freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Auch hat der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte Gestaltung des Arbeitgeberdarlehens.

Ausnahmen können aber bestehen, wenn der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern regelmäßig ein bestimmtes Darlehen gewährt.

Beispiel: Arbeitgeber A entscheidet, allen Vollzeitkräften zinsgünstige Kredite anzubieten. Teilzeitkräfte sind von diesem Angebot ausgenommen. Diese Ungleichbehandlung wäre nur legitim, wenn ein sachlicher Grund bestünde. Das ist aber nicht der Fall. Teilzeitkräfte können daher auch zinsgünstige Darlehen verlangen.

3. Muss ich das Arbeitgeberdarlehen nach einer Kündigung sofort zurückzahlen?

Grundsätzlich gilt: Der Arbeitnehmer muss den Kredit nicht automatisch und sofort zurückzahlen, wenn er aus dem Unternehmen ausscheidet. Es bleibt stattdessen bei dem im Darlehensvertrag abgesprochenen Termin.

Beispiel: Arbeitgeber A hat Arbeitnehmer B ein Darlehen gewährt. Sie vereinbaren, dass das Darlehen am Stichtag 01.03.2022 in einer Summe zurückgezahlt werden muss. B kündigt sein Arbeitsverhältnis jedoch bereits zum 01.06.2021. A verlangt daraufhin die sofortige Rückzahlung des Kredits, da er zinsgünstige Darlehen nur an seine Arbeitnehmer gewähre. Zu Recht?

Nein, B muss dem A das Darlehen nicht bereits am 01.06.2021 zurückzahlen. Im Darlehensvertrag wurde der 01.03.2022 als Fälligkeitstermin vereinbart. Dabei bleibt es auch bei Kündigung des Arbeitnehmers.

Es gibt allerdings Konstellationen, in denen das Darlehen nach der Kündigung zurückzuzahlen ist:

Darlehensvertrag bestimmt automatische Beendigung

Oftmals wollen Arbeitgeber ein Darlehen bereits mit Kündigung des Arbeitnehmers zurückerhalten. Im Vertrag wird dann vereinbart, dass mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Darlehen sofort zurückgezahlt werden soll.

Viele solcher Klauseln zur sofortigen Rückzahlung bei einer Kündigung sind unwirksam.

Meist sind sie nämlich zu weit gefasst. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn die Rückzahlung bei jeder Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Grund, erfolgen soll. Eine solche Regelung wird von den Gerichten vor allem bei folgenden Kündigungen als kritisch angesehen:

Dem Arbeitnehmer kann in diesen Fällen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vorgeworfen werden, da hier ganz allein der Arbeitgeber in der Verantwortung steht.

Eine solche Vertragsgestaltung benachteiligt den Arbeitnehmer daher schwer, ist oftmals unwirksam und kann vor Gericht erfolgreich angegriffen werden. Die Klausel ist in diesen Fällen insgesamt unwirksam. Auch wenn der Arbeitnehmer selbst Anlass zur Kündigung gegeben hat, muss er aufgrund einer solch generell formulierten Klausel das Darlehen nicht sofort zurückzahlen.

Hierzu folgender vereinfachter Beispielfall (Az. 8 AZR 67/15), der vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verhandelt wurde:

Arbeitnehmer B war für Arbeitgeber A tätig. Im Jahre 2012 gewährte A dem B ein Darlehen in Höhe von 17.000 Euro. Die Rückzahlung war in monatlichen Raten von je 354,17 Euro vereinbart. Sollte das Arbeitsverhältnis jedoch vor vollständiger Rückzahlung beendet werden, würde der Restbetrag sofort zur Rückzahlung fällig sein.

A kündigte dem B bereits zum 31.03.2013 und verlangte die Rückzahlung des Darlehens. B verweigerte die sofortige Rückzahlung der gesamten Summe.

A erhob hieraufhin Klage. Mit Erfolg?

Das BAG entschied, dass B das Darlehen nicht sofort zurückzahlen müsse. Die entsprechende Klausel benachteilige den B unangemessen. Der A habe dem B gekündigt und habe daher kein schutzwürdiges Interesse an einer sofortigen Rückzahlung des gesamten Darlehens. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn der B durch vertragswidriges Verhalten oder durch eine Eigenkündigung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeigeführt habe. Die Klausel sei somit unwirksam. Es bleibe bei der monatlichen Ratenzahlung.

Es bleibt anzumerken: Eine Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens oder eine Eigenkündigung können nur dann zur sofortigen Rückzahlung verpflichten, wenn diese Pflicht im Darlehensvertrag ausschließlich auf solche Kündigungen beschränkt ist. Koppelt der Darlehensvertrag nur generell die Rückzahlung an das Ende des Arbeitsverhältnisses, ist diese Regelung insgesamt unwirksam.

Besonderheiten gelten, wenn der Arbeitgeber sich an den Studien- und Ausbildungskosten seiner Mitarbeiter beteiligt. Nicht immer handelt es sich dabei um ein Darlehen. Dennoch verlangen einige Arbeitgeber einen Teil ihres Kostenvorschusses automatisch zurück, wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf einer festgelegten Dauer aus dem Betrieb ausscheidet. Üblich sind auch Vereinbarungen, wonach die Höhe der übernommenen Ausbildungskosten von der Dauer abhängt, die der Arbeitnehmer im Betrieb angestellt bleibt.

Solche Klauseln sind zwar grundsätzlich wirksam; allerdings kommt es stark auf den Einzelfall an. Hat etwa der Arbeitnehmer keine Veranlassung zu seiner Kündigung gegeben (z.B. bei einer betriebsbedingten Kündigung), darf der Arbeitgeber nicht sämtliche Kosten auf ihn abwälzen. Kann der Arbeitnehmer mit der Ausbildung unabhängig von seiner Anstellung nichts anfangen, gilt ähnliches (z.B. bei speziellen Fortbildungen, die allein auf Systeme des Arbeitgebers ausgerichtet sind).

Rückzahlung nach Eigenkündigung

Klauseln, die nach einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers die sofortige Rückzahlung des Darlehens anordnen, sind ebenfalls nur beschränkt zulässig. Sie dürfen den Arbeitnehmer nicht mittelbar zum Verbleib im Betrieb zwingen.

Beispiel: Arbeitnehmer A erhält ein Arbeitgeberdarlehen zur Hausfinanzierung, dass er aufgrund seiner Einkommensverhältnisse nur über eine Laufzeit von zehn Jahren abbezahlen kann. Der Wechsel des Arbeitsplatzes wäre für ihn wirtschaftlich de facto ausgeschlossen, wenn er nach einer Eigenkündigung den gesamten Betrag auf einen Schlag zurückzahlen müsste.

Insbesondere Darlehen über bedeutende Beträge (Hausfinanzierung o.ä.) und mit langen Tilgungsplänen dürfen daher wohl nicht an den Verbleib im Betrieb gekoppelt werden.

Zuletzt noch ein Hinweis: Auch eine Vertragsklausel, nach der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Zinsvergünstigungen rückwirkend entfallen, ist meist unwirksam.

Dies folgt aus denselben Gründen.

Kündigung des Darlehens durch den Arbeitgeber

Unabhängig vom Ende des Arbeitsverhältnisses stehen dem Arbeitgeber natürlich die gewöhnlichen Kündigungsrechte eines Darlehensgebers zu. Sie betreffen ausschließlich den Darlehensvertrag. Gut möglich, dass der Arbeitgeber zusammen mit der Kündigung des Arbeitsvertrages auch das Darlehen kündigt (anders als in den zuvor genannten Fällen ist dafür aber eine Kündigungserklärung notwendig). Dann ist das Darlehen sofort und vollständig zurückzuzahlen.

Der Arbeitgeber kann aber nicht nach Belieben kündigen. Folgende Möglichkeiten hat er:

  1. Ist kein Rückzahlungstermin vereinbart, kann der Arbeitgeber jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Diese Frist kann im Darlehensvertrag verkürzt werden, bei Verbraucherdarlehen jedoch nicht unter zwei Monate.
  1. Ist der Vertrag kein Verbraucherdarlehen und wurde ein Rückzahlungstermin vereinbart, kann der Arbeitgeber nur ausnahmsweise fristlos kündigen. So etwa, wenn sich die Vermögenssituation beim Arbeitnehmer derart verschlechtert, dass die Rückzahlung in Gefahr ist. Das mag gelegentlich anzunehmen sein, wenn keine Aussicht auf eine Neuanstellung besteht und kein nennenswertes Vermögen vorhanden ist. Im Vertrag können (eingeschränkt) auch weitere Kündigungsrechte vereinbart sein.
  1. Ist der Vertrag ein Verbraucherdarlehen und wurde ein Rückzahlungstermin vereinbart, kann der Arbeitgeber ebenfalls nur ausnahmsweise fristlos kündigen, insbes. aus dem o.g. Grund. Dieses Kündigungsrecht kann nicht erweitert werden.

Die Kündigung des Arbeitgebers ist natürlich auch möglich, wenn der Arbeitnehmer mit der Tilgung oder Zinszahlung in Verzug gerät. Details regelt § 498 BGB.

4. Kann der Arbeitgeber Lohn einbehalten?

Mitunter sind nach dem Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus dem Unternehmen noch Zahlungen aufgrund des Darlehensvertrags offen.

In diesem Fall hat der Arbeitgeber verschiedene Möglichkeiten, um vereinfacht an sein Geld zu kommen.

  • Er kann beispielsweise die ausstehenden Zahlungen auf eine Abfindung anrechnen.
  • Auch kann der Arbeitgeber den geschuldeten Betrag mit noch ausstehenden Lohnzahlungen aufrechnen.

Dies ist jedoch nicht unbegrenzt möglich. Eine Aufrechnung darf die Pfändungsfreigrenze nicht missachten. Diese soll dem Arbeitnehmer den Betrag sichern, den er für seinen Lebensunterhalt benötigt.

Die Höhe der Pfändungsfreigrenze variiert je nach Nettolohn und Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers und kann der Pfändungstabelle entnommen werden.

5. Fazit

  • Ein Arbeitgeberdarlehen wird dem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber aufgrund eines Darlehensvertrags gewährt.
  • Es wird nicht auf den Lohn angerechnet und muss später zurückgezahlt werden.
  • Im Vertrag vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber insbesondere, wann und wie die Rückzahlung des Darlehens erfolgen muss.
  • Grundsätzlich muss das Darlehen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht sofort vollständig zurückgezahlt werden. Es bleibt bei der vertraglichen Absprache.
  • Eine Vereinbarung, wonach das Darlehen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vollständig zurückgezahlt werden muss, ist häufig unwirksam.
  • Dem Arbeitgeber stehen wie jedem Darlehensgeber die gewöhnlichen Kündigungsrechte zur Verfügung. Diese sind meist im Sinne eines Verbraucherdarlehens eingeschränkt.
  • Die Aufrechnung von fälligen Zins-, Raten- oder Rückzahlungen mit einer ausstehenden Abfindung oder Lohnzahlung ist grundsätzlich möglich.