1. Was ist eine Versetzung?
Anders als eine Abordnung erfolgt die Versetzung also nicht nur auf bestimmte Zeit, sondern auf Dauer.
Eine Versetzung führt immer auch zu einem Wechsel der Dienststelle und grenzt sich dadurch von einer bloßen Umsetzung innerhalb derselben Dienststelle ab.
Auf Ihren Arbeitsvertrag hat die Versetzung im Übrigen grundsätzlich keine Auswirkungen, denn Sie bleiben bei demselben Arbeitgeber beschäftigt und Ihr bisheriger Arbeitsvertrag gilt fort. Sie erhalten also weiterhin die bisherige Vergütung und behalten Ihren Urlaubsanspruch etc.
2. Mit welcher Begründung darf der Dienstherr Beschäftigte versetzen?
Der Arbeitgeber kann Sie nicht willkürlich versetzen. Vielmehr müssen zuvor einige Voraussetzungen erfüllt sein:
Dienstliche oder betriebliche Gründe für Versetzung
Eine Versetzung muss stets aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen veranlasst sein. Persönliche Gründe (bspw. schlechtes Verhältnis zwischen Vorgesetztem und Arbeitnehmer) können eine Versetzung nur im Ausnahmefall begründen, wenn aus ihnen ein betrieblicher Grund erwächst.
Betriebliche oder dienstliche Gründe für eine Versetzung liegen vor, wenn Ihre Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle für die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung in der Verwaltung und unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit erforderlich ist.
Typischerweise liegen entsprechende Gründe in folgenden Konstellationen vor:
- Dauerhafter Ausfall von Beschäftigten bei anderer Dienststelle
- Unterbesetzung einer Dienststelle
- Dauerhafter Anfall von Mehrarbeit
- Aufgabenverlagerung auf eine andere Dienststelle
- Aufgabenwegfall/Auflösung bisheriger Abteilung
Der Arbeitgeber hat bei der Beurteilung dieser Kriterien einen Ermessensspielraum (§ 315 BGB). Kommen mehrere Beschäftige für eine Versetzung in Betracht, muss der Arbeitgeber eine Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer treffen. Langjährig Beschäftigte können beispielsweise daher im Einzelfall vor einer Versetzung besser geschützt sein als ihre jüngeren Kollegen. Die Anforderungen an diese Entscheidung liegen jedoch deutlich unter den Kriterien der Sozialauswahl im Fall einer betriebsbedingten Kündigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes.
Persönliche Gründe können eine Versetzung nur im Ausnahmefall rechtfertigen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich Probleme in der Zusammenarbeit nicht mehr durch mildere Mittel lösen lassen.
Beabsichtigt der Dienstherr eine Versetzung aus leistungs- oder verhaltensbedingten Gründen, muss er den Arbeitnehmer in der Regel zunächst (vergeblich) abmahnen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Möglichkeit einer Besserung des Verhaltens oder der Leistung des Angestellten besteht. Bei schwerwiegendem Fehlverhalten kann jedoch auch eine sofortige Versetzung wirksam sein (so nach Ansicht des LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 03.11.2016 – 5 Sa 110/16).
Legt Ihnen Ihr Arbeitgeber ein entsprechendes Angebot vor, sollten Sie dieses nicht vorschnell annehmen, sondern zunächst prüfen lassen. In vielen Fällen gibt es nach einer wirksamen Vertragsänderung keinen Weg zurück zum vorherigen Status Quo.
Beteiligung der Personalvertretung oder des Betriebsrates
Ist in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat eingerichtet oder besteht ein Personalrat, muss der Arbeitgeber das jeweilige Gremium zunächst über die beabsichtigte Versetzung unterrichten und anhören (§§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG; §§ 75, 78 BPersVG; entsprechende Landespersonalvertretungsgesetze) und diesem gegenüber auf Nachfrage die Maßnahme begründen. Die Versetzung darf dann nur mit Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats erfolgen. Andernfalls ist sie in der Regel unwirksam.
Bei verweigerter Zustimmung des Betriebsrats kann dieser eine Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht verlangen (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Können sich der Dienstellenleiter und der Personalrat nicht verständigen, kann die Angelegenheit binnen fünf Tagen der nächsthöheren Dienststelle, bei der eine sog. Stufenvertretung (Bezirkspersonalrat oder Hauptpersonalrat) besteht, vorgelegt werden (§ 71 BPersVG) oder die Einigungsstelle zur verbindlichen Entscheidung angerufen werden (§§ 72 ff. BPersVG).
Es müssen der Betriebs- oder Personalrat sowohl des alten als auch des neuen Betriebs ihre Zustimmung zur Versetzung erteilen, denn für den neuen Betrieb wirkt die Versetzung wie eine Einstellung. In der Praxis sollte dies aber kein Problem darstellen, weil die Versetzung in den meisten Fällen im Interesse des aufnehmenden Betriebes liegt (z.B. wegen Personalmangel).
Versetzung von Schwerbehinderten und Gleichstellung
Vor einer Versetzung von schwerbehinderten Arbeitnehmern muss außerdem die Schwerbehindertenvertretung über die geplante Maßnahme unterrichtet und angehört werden (§ 178 Abs. 2 SGB IX).
Betroffene Arbeitnehmer sollten die Schwerbehindertenvertretung frühzeitig über die geplante Versetzung informieren. Wurde diese nicht über die Maßnahme unterrichtet, kann sie vom Arbeitgeber verlangen, die Entscheidung über die Versetzung für sieben Tage auszusetzen und zunächst die Unterrichtung und Anhörung nachzuholen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts indiziert eine fehlende Unterrichtung und Anhörung eine Benachteiligung des schwerbehinderten Arbeitnehmers im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 22 AGG) (BAG, Urt. v. 26.01.2017 – 8 AZR 736/15).
Die Versetzung wird dadurch zwar nicht unwirksam, Betroffene können jedoch Schadensersatz oder eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (§ 15 AGG) verlangen.
In Rheinland-Pfalz kann der Gleichstellungsbeauftragte die Versetzung innerhalb von einer Woche ab Unterrichtung oder Kenntnisnahme beanstanden, wenn er sie für unvereinbar mit dem Landesgleichstellungsgesetz oder anderen Vorschriften über die Gleichstellung von Männern und Frauen hält (§ 29 Abs. 1 LGG RP). Die Dienststelle ist dann verpflichtet, erneut über die Maßnahme zu entscheiden; hält sie an der Maßnahme fest, muss sie die Beanstandung der nächsthöheren Dienststelle zur Entscheidung vorlegen (§ 29 Abs. 3 LGG RP).
Eine vergleichbare Regelung besteht beispielsweise auch in Hessen (§ 19 Hessisches Gleichberechtigungsgesetz) und in Baden-Württemberg (§ 21 Chancengleichheitsgesetz BW).
Anhörung des Betroffenen bei Dienstortwechsel
Führt die Versetzung zu einem Dienstortwechsel, muss der Arbeitgeber Sie zunächst anhören. Durch die Anhörung soll gewährleistet werden, dass Ihr Dienstherr Ihre Interessen kennt und bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Nur dann kann er im Ernstfall die erforderliche Interessenabwägung treffen.
Entgegen dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 TVöD/TV-L ist eine Anhörung im Übrigen nicht bei jedem Wechsel des Dienstortes erforderlich. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist der Dienstort nicht der konkrete Arbeitsort, sondern die Gemeinde, in welcher der Arbeitsplatz gelegen ist, einschließlich ihres Einzugsgebiets im umzugsrechtlichen Sinne (BAG, Beschl. v. 22.01.2004 – 1 AZR 495/01).
3. Müssen Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst der Versetzung Folge leisten?
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers wird nach ständiger Rechtsprechung nicht deshalb eingeschränkt, weil der Arbeitgeber über viele Jahre davon keinen Gebrauch gemacht hat. Für den Arbeitnehmer begründet die gelebte Praxis also keinen Vertrauenstatbestand.
Beschränkt wird das Direktionsrecht des Arbeitgebers durch das Erfordernis dienstlicher oder betrieblicher Gründe. Liegen entsprechende Gründe unzweifelhaft vor, müssen Sie der Versetzung Folge leisten.
Bestehen hingegen Zweifel daran, dass entsprechende Gründe bestehen, können Sie sich gegen die Versetzung zur Wehr setzen.
Einer Versetzung sollte daher zunächst stets Folge geleistet werden.
4. Versetzung mit Klage ablehnen
Auch wenn Sie einer Versetzung zunächst folgen sollten, können Sie dagegen beim Arbeitsgericht Klage einreichen. In Eilfällen ist auch ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz (§§ 935, 940 ZPO) möglich. Ein solcher Eilfall liegt beispielsweise vor, wenn die Versetzung einen absoluten Härtefall für den Beschäftigen bedeutet und eine auch nur vorübergehende Fortdauer der Beschäftigung in der neuen Dienststelle unzumutbar ist.
Ist die Versetzung bislang nur angekündigt oder angedroht, aber noch nicht ausgesprochen, können Sie gegebenenfalls mit Hilfe einer Feststellungsklage gerichtlich feststellen lassen, dass die Voraussetzungen für eine Versetzung nicht vorliegen. Auf diese Weise ersticken Sie die Maßnahme im Keim und müssen die neue Beschäftigung auch nicht für einen nur vorübergehenden Zeitpunkt antreten.
5. Fazit
- Durch eine Versetzung wird dem Arbeitnehmer dauerhaft eine Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers zugewiesen.
- Eine Versetzung hat keine Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag.
- Eine Versetzung ist nur aus betrieblichen oder dienstlichen Gründen zulässig. Als rein disziplinarische Maßnahme ist sie unzulässig.
- Eine Zustimmung des Arbeitnehmers selbst ist nicht erforderlich. Besteht ein Betriebs- oder Personalrat, muss dieser aber regelmäßig seine Zustimmung erteilen.
- Vor der Versetzung muss der Beschäftigte angehört werden, wenn hiermit ein Dienstortwechsel außerhalb der bisherigen Gemeinde verbunden ist.
- Mit Hilfe einer Leistungs- oder Feststellungsklage beim Arbeitsgericht können sich betroffene Arbeitnehmer zur Wehr setzen. Bis zur endgültigen (gerichtlichen) Klärung sollte der Versetzung jedoch Folge geleistet werden.